5 Zusammenschaltung von Widerständen
5.6 Der unbelastete und belastete Spannungsteiler
Eektrotechnische Geräte benötigen eine Spannungsquelle mit einer definierten
Spannung. Bei komplexen elektronischen Geräten wie z. B. einem Computer
werden für die Versorgung der unterschiedlichen digitalen Baugruppen auf
dem Mainboard oder für die Steckkarten verschiedene Gleichspannungen benötigt.
Das PC-Netzteil stellt deshalb die Spannungen +12 V, –12 V, +5 V, –5 V und
3,3 V zur Verfügung.
Die Elektronik eines mobilen Radios wird hingegen von nur einer Spannungsquelle
gespeist, die z. B. aus zwei in Reihe geschalteten 1,5 V Mignon-Zellen (AA)
und der daraus resultierenden Gesamtspannung von 3 V gebildet wird. Im Radio
existieren jedoch ebenfalls unterschiedliche Baugruppen und Bauelemente,
die eine von 3 V abweichende Spannung benötigen. Für die Einstellung des
Arbeitspunktes der internen Niederfrequenz-Verstärkerschaltung wird z. B.
eine Gleichspannung von UA = 0,7 V bei einem Eingangsstrom
von IA = 0,1 mA benötigt (Bild 12). Wie lässt sich nun
diese Spannung aus einer Batteriespannung von 3 V gewinnen?
Bild 12: Speisung der internen Baugruppen eines
kleinen mobilen Radios
Mit der Serienschaltung zweier Widerstände ist die Aufteilung der Versorgungsspannung
möglich. Dabei muss das Widerstandsverhältnis so gewählt werden, dass die
gewünschte Spannung von 0,7 V an einem Widerstand entstehen kann. Bei der
Speisespannung von 3 V ergibt sich der in Bild 13 dargestellte unbelastete
Spannungsteiler mit den Teilspannungen U1 =
2,3 V und U2 = 0,7 V, da an den Ausgangsklemmen vorerst
kein Ausgangsstrom bereit gestellt werden muss (IA =
0). Das Spannungsverhältnis ist …
Bild 13: Der unbelastete Spannungsteiler
Das Verhältnis der Spannungen ist in der Serienschaltung identisch mit
dem Verhältnis der Widerstände (4. Gesetz der Serienschaltung, Gleichung
{5.3.6}).
Der Widerstand R1 muss ungefähr 3,3 mal so groß wie
R2 sein, damit sich die gewünschte Aufteilung der Spannung
einstellt.
Bei der Auswahl der Widerstände gibt es nun mehrere Kombinationsmöglichkeiten.
Um eine praxisnahe Lösung zu erhalten, sollen Widerstände der E24-Reihe
mit 5 % Toleranz verwendet werden (siehe 4.5.5 E-Reihen).
In Bild 14 sind einige von vielen nutzbaren Widerstandskombinationen
dargestellt. Es wurden hohe Widerstandswerte gewählt, damit der Gesamtstrom
klein bleibt. Die beiden Primärzellen werden somit nur gering belastet und
ihre Lebensdauer nimmt zu.
Bild 14: Mögliche Widerstandskombinationen für
die geforderte Spannungsteilung
Bei allen Varianten wird sich in Anhängigkeit der Toleranzen der verwendeten
Widerstände annähernd die gewünschte Spannungsteilung einstellen. Die Widerstandskombination
a entspricht exakt unseren Vorgaben, wenn die Widerstandswerte
nur geringfügig von den Normwerten abweichen. Allerdings werden die Primärzellen
im Vergleich zu den Kombinationen b und c aufgrund des
höheren Stromes stärker belastet. Dies ist – wie Sie später noch erfahren
werden – in Bezug auf die Stabilität der Spannung sogar ein Vorteil.
Mit dem Anschließen des NF-Verstärkers an die Ausgangsklemmen des Spannungsteilers,
muss der Spannungsteiler neben der Spannung von UA = 0,7 V auch den Betriebsstrom von IA = 0,1 mA bereitstellen.
Es entsteht somit ein belasteter Spannungsteiler (Bild 15a). Mit dem Strom und der Spannung lässt sich der Ersatzwiderstand
RA des Verstärkers berechnen.
Dieser Widerstand liegt jetzt parallel zum Widerstand R2.
Aus der Serienschaltung ist eine Gruppenschaltung geworden, in der sich
ganz andere Spannungsverhältnisse einstellen (Bild 15b).
Bild 15: Mit dem Ersatzwiderstand RA
des NF-Verstärkers belasteter Spannungsteiler
Wir wollen bei der folgenden Berechnung der Schaltung voraussetzen, dass
der Ersatzwiderstand RA des Verstärkers konstant, also
unabhängig von der an ihm liegenden Spannung linear ist (real ist der Ersatzwiderstand
nichtlinear).
Wir interessieren uns für die sich einstellenden Teilspannungen. Um diese
zu berechnen, wird die Schaltung zunächst so vereinfacht, dass eine Serienschaltung
mit zwei Widerständen entsteht. Die Parallelschaltung der Widerstände
R2 und RA lässt sich durch den Widerstand
R2A ersetzen (Bild 16).
Bild 16: Ersatzschaltung des belasteten Spannungsteilers
Der Wert des zweiten Widerstandes in der Serienschaltung fällt durch
die Belastung am Ausgang des Spannungsteilers von 10 kΩ auf 4,12 kΩ und
somit auf weniger als die Hälfte des ursprünglichen Wertes. Die Spannung
an diesem Widerstand verringert sich um den gleichen Faktor. Zur Berechnung
ihrer exakten Größe wird auf die Spannungsteilergleichung {5.3.7} zurückgegriffen.
An den parallel geschalteten Widerständen R2 und
RA liegt somit die Spannung U2 = UA = 0,33 V.
Durch den Ersatzwiderstand des Verstärkers fließt – bedingt durch die
kleinere Spannung – auch etwas weniger als die Hälfte des gewünschten Stromes
von 0,1 mA. Das sind …
Der zusätzliche Laststrom erhöht den Gesamtstrom I des Spannungsteilers,
der am Widerstand R1 zu einer Erhöhung der Spannung
U1 führt und U2 auf den berechneten
Spannungswert absinken lässt. Unter diesen Bedingungen kann der NF-Verstärker
seine Aufgabe nicht erfüllen.
Es stellt sich daher die Frage, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen,
damit die Belastung mit dem Ersatzwiderstand RA nicht
zu einer so starken Verringerung der Spannung U2 führt.
Grundsätzlich ist der Gesamtwiderstand einer Parallelschaltung immer kleiner
als der kleinste Einzelwiderstand. Es lässt sich somit nicht vermeiden,
dass die Ausgangsspannung des Spannungsteilers bei Belastung kleiner wird.
Allerdings können Sie mit der richtigen Wahl der Widerstände R1 und R2 Einfluss darauf nehmen, wie stark sich die Spannung U2 bei Belastung mit RA verringert
und auf welche Größe sie sich letztendlich einstellt.
In der Parallelschaltung ist die Höhe des Gesamtwiderstandes maßgeblich
vom kleinsten Parallelwiderstand bzw. dessen großer Leitfähigkeit abhängig.
Es muss daher zum einen dafür gesorgt werden, dass R2
wesentlich kleiner als RA ist. Unter dieser Voraussetzung
ist der Strom durch den Widerstand R2 wesentlich größer
als der Strom IA. Dieser Strom durch R2
wird als Querstrom Iq bezeichnet. Der Gesamtstrom
im Stromkreis kann nun bei Belastung nur geringfügig zunehmen und somit
lediglich eine kleine Absenkung von U2 bewirken. Zum
anderen wäre es gut, wenn die Spannung U2 vor der Belastung
um den Spannungsbetrag größer ist, um den sie bei Belastung durch den Verstärker
absinkt. Dann würde sich theoretisch exakt der gewünschte Spannungswert
von 0,7 V einstellen.
Mit diesem Ansatz werden jetzt die beiden Widerstandswerte für den belasteten
Spannungsteiler berechnet. Wir entwickeln (dimensionieren) somit das erste
Mal eine elektrische Schaltung.
Der Querstrom durch den Widerstand R2 soll etwa 10 mal
so groß wie IA sein, also Iq ≈ 10 · IA. Da sich die Ströme genau umgekehrt
wie die Widerstände verhalten, muss R2 um den Faktor
10 kleiner als RA sein, also ca. 700 Ω. Wir wählen aus
der E24-Reihe den 680 Ω-Widerstand als Ausgangsbasis für die Berechnung
von R1 (Bild 17).
Bild 17: Ausgangssituation für die Berechnung
des Widerstandes R1
Am Widerstand R2 ist die Spannung U2
genauso groß wie UA. Damit kann der Querstrom Iq
berechnet werden.
Der Gesamtstrom I setzt sich aus den Teilsströmen Iq
und IA zusammen.
An dem Widerstand R1 muss eine Spannung von U1 = 2,3 V abfallen. Mit I und U1 lässt
sich sein Widerstandswert berechnen.
Wir wählen nach der E24-Reihe den Widerstandswert von 2 kΩ.
Damit ist die Schaltung mit den gewünschten Eigenschaften dimensioniert.
Abschließend wollen wir die Spannung am Ausgang des Spannungsteilers im
unbelasteten Fall berechnen. Sie muss etwas größer als 0,7 V sein und beträgt
…
Die Ausgangsspannung des Spannungsteilers verringert sich damit bei Belastung
mit der Verstärkerschaltung nur um den sehr geringen Wert von 0,06 V.
Vielleicht drängt sich Ihnen jetzt die Frage auf, ob der Spannungsteiler
(ohne Beachtung des Querstromverhältnisses) nicht auch mit höheren Widerstandswerten auf die eben beschriebene Weise hätte dimensioniert werden können, um die Gesamtstrombelastung der Spannungsquelle zu verringern. Dann wäre die Ausgangsspannung des unbelasteten Spannungsteilers logischerweise größer, aber sie hätte sich bei Belastung auf den gewünschten Wert eingestellt.
Wäre der Ersatzwiderstand des Verstärkers tatsächlich
unabhängig von der Spannung konstant und somit linear, würde das kein Problem
darstellen. Mit einem konstanten Widerstand stellen sich am Spannungsteiler
die gewünschten Strom- und Spannungsverhältnisse ein und sie verändern sich
nur geringfügig (z. B. bei einer Erhöhung der Temperatur).
Bei dem realen nichtlinearen und zudem stark temperaturabhängigen Eingangswiderstand
eines Verstärkerbauelementes, wie z. B. eines Transistors (Heißleiter, NTC),
bewirkt eine nur geringfügige Erhöhung der Spannung UA
einen enormen Anstieg des Stromes. Dieser kann zu einer Überlastung und
somit Zerstörung des Bauelementes führen. Es ist deshalb beim Einsatz eines
Spannungsteilers zur Speisung von Verstärkerschaltungen unbedingt darauf
zu achten, dass der Spannungsteiler nur sehr geringe Spannungsschwankungen
erlaubt. Nur unter dieser Voraussetzung kann der Eingangswiderstand des
verstärkenden Bauelementes näherungsweise als linear angesehen werden. Mit
der gewählten Dimensionierung und einer Spannungsänderung von lediglich
0,06 V, haben wir diese Bedingung erfüllt.
Zusammenfassend ergeben sich damit die nachfolgend aufgelisteten Zusammenhänge
beim belasteten Spannungsteiler.